„Degenhart begründete seine Vorbehalte mit dem Grundsatz des freien Mandats nach Artikel 38 des Grundgesetzes, der auch bei der Kanzlerwahl gelte. „Auch wenn natürlich das Ergebnis der Mitgliederbefragung für die Abgeordneten bei der Stimmabgabe nicht formell verbindlich ist, kommt die Befragung aus meiner Sicht jenen Aufträgen und Weisungen nahe, die nach Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG ausgeschlossen sind“, erläuterte der Verfassungsjurist.
Die Parteien als solche dürften nicht über die Stimmabgabe der Abgeordneten bei der Kanzlerwahl bestimmen. Die Mitgliederbefragung habe aber „Elemente eines imperativen Mandats, das es nach dem Grundgesetz nicht geben darf“, so Degenhart.“
Sehr viel eindringlicher als die Frage der Weisung – die ja auch beim Fraktionszwang geduldet wird, wie aktuell das Bundesverfassungsgericht die Frage beantwortet – ist für mich die Frage, der Wählbarkeit, so wie es ein Wähler der SPD ausdrückt, der glaubte, die SPD sei von vornherein gegen eine Große Koalition eingestellt gewesen, deswegen habe er sie gewählt.
Apropos Fraktionszwang durch Koalitionsverträge. Das wäre vielleicht ein größeres Thema: „Die Fraktionsdisziplin ist in keinem Gesetz und keiner Geschäftsordnung verankert, wird jedoch, gerade bei Koalitionsregierungen, regelmäßig in den deutschen Koalitionsverträgen festgeschrieben.
Gegen Degenhart spricht auch die Meinung des Bundesverfassungsgerichts, die sich so liest: „Bei alledem ist der Gewährleistungsgehalt des Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG auf das gesamte politische Handeln des Abgeordneten bezogen und umfasst nicht nur dessen Tätigkeit im parlamentarischen Bereich. Die Sphären des Abgeordneten als Mandatsträger, als Parteimitglied sowie als politisch handelnder Privatperson lassen sich nicht strikt trennen; die parlamentarische Demokratie fordert insoweit den Abgeordneten als ganzen Menschen (vgl. BVerfGE 40, 296 <313>; 118, 277 <355>).
Die Mitgliederbefragung selbst ist eine Farce.
Wer ist hier welchem Imperativ ausgesetzt? Die Mitglieder dem der Partei, oder die Partei dem der Mitglieder. Nach meinem innerparteilichen Demokratieverständnis der SPD sind hier eher die Mitglieder unter Druck dem ausgehandelten Koalitionsvertrag ihrer Führung zustimmen zu müssen. Ich denke es wird eine überzeugende Mehrheit für den Koalitionsvertrag geben, weil die Parteimitglieder
a) in der Partei sind um sie zu unterstützen
b) die Führung das so will.
Demokratisch wäre es gewesen, wenn man die einzelnen Punkte des Koalitionsvertrages den Mitglieder zur Abstimmung vorgelegt hätte. Dieses von der Partei der Piraten verfolgte Konzept des „Liquid Democracy“ geht aber in der Kürze der Zeit nur im Internet. Die (alte Dame) SPD lässt die Mitglieder im Übrigen nur per Briefwahl zustimmen.
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PS:
http://www.carta.info/67553/markus-linden-mehr-konfliktoffenheit-in-der-demokratie-wagen/
Es fehlt in Deutschland grundsätzlich die Bereitschaft, Minderheiten und Konflikte zuzulassen und nicht jeden Abweichler und Dissidenten gleich in die Ecke zu stellen und zu diffamieren, nur weil er eine andere Meinung hat. Negativbeispiel nach Linden: Gauck und AFD.